FAQ Biodiversitätsinitiative
Grundsätzliche Fragen
Was ist „Biodiversität“?
Biodiversität bedeutet «Vielfalt der Lebewesen» und zwar auf drei Ebenen: Die Vielfalt der Lebensräume, die Artenvielfalt und die genetische Vielfalt. Die Biodiversität erbringt für die Menschen zahlreiche Ökosystemdienstleistungen, wie etwa die Bestäubung von Kulturen und ist dadurch für die Landwirtschaft unerlässlich. Diese ist sich der Bedeutung Biodiversität bewusst und nimmt ihre diesbezügliche Verantwortung ernst. Ein Fünftel der Landwirtschaftsfläche in der Schweiz dient der Förderung der biologischen Vielfalt.
Warum sollte ich gegen die Biodiversitätsinitiative stimmen?
Die Initiative will grosse Flächen in unserem Land zu unantastbaren Schutzobjekten und -flächen machen. Bei einer Annahme hätte das massive Auswirkungen auf verschiedene Bereiche, die Versorgungssicherheit und unsere Anhängigkeit vom Ausland. Zahlreiche Zielkonflikte würden durch Einschränkungen im Bereich der Nahrungsmittelproduktion, der Infrastruktur aber auch der Energieerzeugung ausgelöst. Eine detaillierte Auflistung der Argumente ist hier zu finden.
Im Initiativtext wird keine konkrete Zahl genannt. Warum spricht man trotzdem von 30% der Landesfläche, die unter Schutz gestellt werden sollen?
Die 30% sind im Initiativtext nicht explizit genannt. Die Initianten haben sich aber immer klar und auch öffentlich dafür ausgesprochen, dass 30 Prozent der Landesfläche unter Schutz gestellt werden sollen. Aktuell sehen sie je nach Aussage zwischen 8 und 10.8 Prozent als ausreichend geschützt an. Es fehlen also 22 Prozent der Landesfläche oder 900‘000 ha, was den Kantonen Bern, Freiburg, Neuenburg und Solothurn zusammen entspricht.
Braucht es zusätzliche Gesetze, um die Biodiversität weiter zu fördern?
Nein, die gesetzlichen Grundlagen für die Förderung der Biodiversität sind bereits vorhanden. Darum empfehlen der Bundesrat und das Parlament die Initiative zur Ablehnung. Der Bund hat auch bereits eine Strategie Biodiversität des Bundes und einen Aktionsplan dazu ausgearbeitet. Die Biodiversität braucht also keine Ergänzung in der Bundesverfassung. Das Parlament hat auch aus diesem Grund keinen Gegenvorschlag beschlossen.
Biodiversität in der Schweiz
Die Initianten behaupten, dass die Probleme bei uns besonders gross sind. Stimmt das?
Nein, die Probleme sind in der Schweiz nicht grösser als in anderen europäischen Ländern. Eine Besonderheit der Schweiz ist die hohe Artenvielfalt, welche mit der vielseitigen Landschaft einhergeht. Gerade der Alpenraum ist ein Biodiversitäts-Hotspot, für den die Schweiz eine besonders hohe Verantwortung trägt und auch wahrnimmt. Vertiefte Infos zum Zustand der Biodiversität in der Schweiz gibt dieser Artikel.
Wie geht es der Biodiversität in der Schweiz?
Der Artenschwund fand vor allem zwischen 1850 und 2000 statt. Dank zahlreichen Massnahmen konnte der negative Trend gebremst werden. Unter anderem dient heute jede 5. Hektare Landwirtschaftsland gezielt der Förderung der Biodiversität. Zusätzlich pflegt die Berglandwirtschaft 220’000 Hektaren besonders artenreiches Grünland im Sömmerungsgebiet. Nach wie vor gibt es aber noch Bedarf, um bedrohten Arten das Überleben zu sichern. Auf der anderen Seite gibt es auch Gewinner, die sich in der Schweiz sehr wohl fühlen und deren Bestand zunimmt. Beispiele dafür sind der Storch oder wärmeliebende Schmetterlinge. Leider wandern auch unterwünschte, sogenannte invasive gebietsfremde Tiere und Pflanzen ein, die der einheimischen Biodiversität schaden. Schlussendlich sind wir uns einig: Alle sind gefordert, die Biodiversität zu schützen und zu fördern.
Was hat es mit dem Insektensterben auf sich?
Der Rückgang der Insekten ist auf zahlreiche Faktoren zurückzuführen. Dazu gehören das Verschwinden von Lebensräumen, Lichtverschmutzung, Klimawandel oder zu intensive landwirtschaftliche Produktionsmethoden. Insekten sind für die Landwirtschaft wichtig, weil sie zahlreiche Kulturen bestäuben und damit die Ernten sicherstellen. Entsprechend hat bereits vor einiger Zeit eine Trendwende hin zu einer nachhaltigen Produktion stattgefunden und zahlreiche Massnahmen wurden umgesetzt. Die Bauernfamilien setzen unterdessen fast 20% ihrer Flächen für die Förderung der Biodiversität und damit als Lebensraum und Nahrungsquelle für Insekten ein. Immer mehr Betriebe produzieren zudem gemäss Labelvorgaben wie (Bio, IP,… usw.), die mit Zusatzleistungen bezüglich Biodiversität verbunden sind. Die aktuell laufende Umsetzung der parlamentarischen Initiative reduziert zudem speziell die Risiken beim Einsatz von Pflanzenschutzmittel. Ein erster Zwischenbericht ist erfreulich. Die Ziele sind bereits erreicht oder zumindest auf gutem Weg.
Was schadet der Biodiversität?
Die Hauptgründe für den Artenschwund sind Überbauung und damit Versiegelung der Böden, die Zerschneidung und Fragmentierung der Lebensräume durch Infrastrukturen und Siedlungen, der Klimawandel, die Lichtverschmutzung und die nach dem Krieg sehr intensive Landwirtschaft. Seit den 1990er Jahren herrscht ein anderes Denken. Nachhaltigkeit und auch Schutz der Biodiversität prägen seither unsere Landwirtschaft. Unterdessen erfüllt diese alle im Rahmen der Agrarpolitik 2014-17 festgelegten Biodiversitäts-Ziele in Bezug auf Quantität, Qualität und Vernetzung.
Flächenbedarf
Auf welcher Fläche fördert die Schweiz bereits heute die Biodiversität?
Zu den Schutzgebieten in der Schweiz gehören unter anderem der Schweizerische Nationalpark, Kernzonen von Pärken von nationaler Bedeutung, Biotope von nationaler Bedeutung, Biosphärenreservate, Bundesinventare der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN), Wasser- und Zugvogelreservate, Eidgenössische Jagdbanngebiete (Wildtierschutzgebiete), Waldreservate, Biotope von regionaler und lokaler Bedeutung (darunter zahlreiche Schutzgebiete, die von Kantonen oder Gemeinden festgelegt werden) oder private Naturschutzgebiete .
Zudem wird in der Schweiz auch auf 19% der Landwirtschaftsflächen die Biodiversität gefördert (entspricht knapp 200'000 Hektaren Land oder den Kantonen Zürich und Zug zusammen). Auf diesen sogenannten Biodiversitätsförderflächen (BFF) wird das Land nur noch extensiv bewirtschaftet und zugunsten der biologischen Vielfalt gestaltet und gepflegt. Dazu kommen 220’000 Hektaren artenreiches Grünland im Sömmerungsgebiet. Auch ausserhalb der Biodiversitätsförderflächen werden in der Landwirtschaft Produktionsmethoden mit zusätzlichen Umweltleistungen wie IP-Suisse (18'500 Betriebe) und Bio Suisse (7'300 Betriebe) sowie ressourcenschonende und damit biodiversitätsfördernde Produktionssysteme eingesetzt.
Warum wehrt sich die Nein-Allianz gegen zusätzliche Flächen für die Biodiversität?
Die Initiative will grosse Flächen in unserem Land zu praktisch unantastbaren Schutzobjekten und Flächen machen. Pro Natura - eine der Initianten - spricht in ihrer Medienmitteilung vom 18. Dezember 2023 von 22% der Landesfläche, die zur Förderung der Biodiversität zusätzlich als Naturschutzgebiete streng geschützt werden sollen. Dort gäbe es keine Landwirtschaft und keine Lebensmittelproduktion mehr. Erneuerbare Energie ebenso wenig, wie eine sinnvolle Nutzung des Walds. In allen drei Bereichen würden wir noch abhängiger vom Ausland und müssten mehr Essen, Strom und Holz importieren. Die Folge: Unser Umweltabdruck fällt in anderen Ländern an. Auch Tourismusorte hätten noch mehr Mühe als heute schon mit neuen Infrastrukturbauten. Das Wohnen würde aufgrund des ausgebauten Denkmalschutzes ebenfalls teurer.
Was hat die Biodiversitätsinitiative mit dem Ziel zu tun, bis 2030 weltweit 30% der Fläche für die Biodiversität zu reservieren?
Pro Natura – als eine Initiantin – hat in einer Ende 2023 veröffentlichen Medienmitteilung kommuniziert, dass in ihren Berechnungen in der Schweiz nur 8 Prozent der angepeilten 30 Prozent der Landesfläche ausreichend geschützt sind. Damit fehlt gemäss Pro Natura eine Fläche der Grösse der Kantone Bern, Freiburg, Neuenburg und Solothurn zusammen, die sie zusätzlich gezielt für die Förderung der Biodiversität einsetzen wollen. In den 8% von Pro Natura sind keine Biodiversitätsförderflächen, keine artenreiche Grün- und Streuflächen in Sömmerungsgebieten (ca. 220‘000 ha) und keine internationalen Schutzgebiete einberechnet.
Wenn man die praktisch unberührte Natur in den Bergen, die Wälder und Gewässer sowie die fast 200‘000 Hektaren Biodiversitätsförderfläche in der Landwirtschaft plus die 220‘000 extensiv genutzten Sömmerungsgebiete zusammenrechnet, weist die Schweiz die geforderten 30 Prozent naturnahe Fläche für die biologische Vielfalt aus. Die Initianten wollen aber die Flächen schützen, auf denen der Mensch Einfluss hat. Damit würde die Nutzung dieser Flächen stark eingeschränkt.
Verbesserungs-Massnahmen
Was kann man tun, um bedrohte Arten besser zu schützen?
Die Quantität allein genügt nicht. Vielmehr braucht es eine Optimierung der Qualität und eine gezielte Pflege, respektive Bewirtschaftung der Flächen. Rare Lebensräume wie beispielsweise niedrige Hecken, gezielt platzierte Einzelsträucher, lückige Gehölze, hochwertige Buntbrachen mit permanent hohen Blütenreichtum, Rohböden für Wildbienen und Keimnischen für Ackerbegleitflora sind gezielt zu fördern. Die gezielte Pflege von Qualitätswiesen und eine Liberalisierung bei Methoden zur Offenhaltung von Weiden, insbesondere in Sömmerungsgebieten sind weitere Ansätze zur Verbesserung. Dafür engagiert sich die Schweizer Landwirtschaft.
Landwirtschaft
Was unternimmt die Landwirtschaft, um die biologische Vielfalt zu fördern?
Mit sogenannten Biodiversitätsförderflächen (BFF), wie Blühstreifen, Trockenmauern oder extensiv bewirtschafteten Wiesen fördern Bauernfamilien auf verschiedene Art und Weise die Biodiversität. Betriebe, die nach den Anforderungen von Labels wie IP-Suisse, Bio Suisse, Hochstamm Suisse oder ProSpecieRara produzieren oder sich an Ressourcen- und Vernetzungsprojekten beteiligen, erbringen zusätzliche Leistungen zugunsten der biologischen Vielfalt. Heute dienen bereits 19 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche der Förderung der Biodiversität. Davon sind 81 Prozent vernetzt und 44 Prozent weisen eine besonders hohe ökologische Qualität auf. Potential besteht vor allem in der Förderung der Qualität auf bestehender Fläche, in der Vernetzung von ökologisch wertvollen Lebensräumen und der Freihaltung von artenreichen Grün- und Streueflächen in den Sömmerungsgebieten.
Haben die Massnahmen zur Biodiversitätsförderung in der Landwirtschaft Wirkung gezeigt?
Ja. Die Ergebnisse von ALL-EMA (Monitoringprogramm «Arten und Lebensräume Landwirtschaft») zeigen, dass sich die Biodiversitätsförderflächen positiv auf die Biodiversität auswirken. So konnte auf den Biodiversitätsförderflächen eine erhöhte Arten- und Lebensraumvielfalt festgestellt werden. Die höchste Arten- und Lebensraumvielfalt weisen gemäss BAFU die Biodiversitätsflächen mit besonders guter Qualität auf (Qll) auf.
Was bringen die von den Bauernfamilien umgesetzten Massahmen zur Förderung der Biodiversität?
Im Vergleich zu intensiv bewirtschafteten Wiesen und Weiden konnten auf den Biodiversitätsförderflächen ein Drittel mehr Pflanzenarten nachgewiesen werden. Auf biologisch bewirtschafteten Graslandflächen nimmt die Pflanzenvielfalt im Vergleich zu konventionell bewirtschafteten Flächen um durchschnittlich 9% zu.
Warum tut die Landwirtschaft nicht noch mehr für die Biodiversität?
Eine flächendeckende Förderung der Biodiversität beeinträchtigt die Möglichkeit, Lebensmittel für die Schweizer Bevölkerung zu produzieren. Gleichzeitig breitet sich die Siedlungsfläche auf Kosten der Ackerflächen aus – es steht also immer weniger Land für die Lebensmittelproduktion zur Verfügung. Um allen Interessen inklusive der Gewährleistung der Ernährungssicherheit, die in der Bundesverfassung (Art. 104a) festgehalten ist, gerecht zu werden zu braucht es eine Interessenabwägung und Kompromisse. Darum mehr Qualität der Biodiversität aber nicht mehr Flächen.
Welche Auswirkungen hat die Biodiversitätsinitiative auf die Landwirtschaft, Waldwirtschaft, Energieproduktion, den Bau, die Berggebiete und den Tourismus?
Verschiebung der Umweltwirkung ins Ausland
Bei Annahme der Initiative würde die Inlandproduktion von Lebensmitteln geschwächt und es müssten zusätzliche Flächen im Ausland belegen werden, um die Versorgung unserer Bevölkerung sicherzustellen.
Einschränkungen der Wald- und Holzwirtschaft
Die Waldwirtschaft wäre bei der Annahme der Initiative mit neuen Einschränkungen und Vorgaben durch den Ausbau der Waldreservate konfrontiert. Die Nutzung des Waldes als Rohstofflieferant würde eingeschränkt.
Verhinderung der einheimischen, nachhaltigen Energieproduktion
Die Umsetzung der Schweizer Energiestrategie und damit auch die Energiewende wären bei einer Annahme erschwert.
Verteuerung und Einschränkungen beim Bauen
Die Anforderungen an die Baukultur würden erhöht. Das führt zu zusätzlichen Auflagen, noch längeren Bewilligungsverfahren und höheren Kosten.
Schwächung des Berggebiets und des Tourismus
Das Berggebiet und der Tourismus sind auf Infrastrukturen angewiesen. Die Initiative würde deren Realisierung stark einschränken.
Beachten Sie auch das Argumentarium